Bertelsmann-Studie: Was alleinerziehende Männer von Solo-Müttern unterscheidet - WELT (2024)

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Lange Zeit galt es als eine Art Naturgesetz, dass es vor allem die Mütter sind, die nach einer Trennung oder Scheidung als Alleinerziehende zurückbleiben. Noch vor zehn Jahren wurden 90 Prozent aller Alleinerziehenden-Haushalte von Frauen geführt. Inzwischen aber gibt es auch immer mehr Väter, die mit ihren minderjährigen Kindern alleine im Haushalt zusammenleben. Ihr Anteil an allen Alleinerziehenden beträgt laut Statistischem Bundesamt inzwischen knapp 18 Prozent. Eine Zahl, die bereits im Familienreport 2024 des Bundesfamilienministeriums für gewisse Aufmerksamkeit gesorgt hatte.

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In ihrem jährlich erscheinenden Report „Alleinerziehende in Deutschland“ hat sich die Bertelsmann-Stiftung näher mit den alleinerziehenden Vätern beschäftigt. „Uns hat der deutliche Anstieg überrascht, deshalb haben wir uns bemüht, noch etwas genauer in die Daten zu schauen“, sagt Familienpolitik-Expertin Antje Funcke. Eine These, warum der Anteil der Solo-Väter steigt, hat sie bisher nicht. Zumindest aber gibt die Datensammlung einen Einblick in Lebenswelt und finanzielle Situation dieser Männer.

Wobei bei der Bevölkerungsstatistik einige Lücken zu beachten sind: Alleinerziehende sind nach der Definition der amtlichen Statistik alle Mütter und Väter, die ohne Partner mit ihren Kindern zusammenleben. Ob es einen zweiten Elternteil gibt, der sich kümmert und auf welches Betreuungsmodell sich die Eltern geeinigt haben, wird statistisch nicht erfasst.

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Eine ähnliche Unschärfe tritt ein, wenn nach einer Trennung neue Lebenspartner hinzukommen: Stief- und Patchworkfamilien werden als „normale“ Paarfamilien erfasst – nicht als zusammengesetzte Familien mit Kindern aus früheren Partnerschaften. „Dies ist eine erhebliche Datenlücke, die wir schon seit Langem kritisieren“, sagt Funcke. Die Anzahl der Alleinerziehenden sei daher immer nur eine Momentaufnahme. „Hier näher hineinzuleuchten, wäre dringend nötig, zumal jede fünfte Familie alleinerziehend ist.“

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Konkret lebten im Jahr 2023 in Deutschland 1,7 Millionen alleinerziehende Familien mit 2,5 Millionen minderjährigen Kindern – das entspricht einem Anteil von 20 Prozent an allen 8,5 Millionen Familien. Unter den Alleinerziehenden sind 1,4 Millionen Mütter (82,3 Prozent) und 301.000 Väter (17,7 Prozent); vor zehn Jahren gab es erst 167.000 Solo-Väter.

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Die Zahl der alleinerziehenden Mütter ist zuletzt wieder gestiegen, allein zwischen 2022 und 2023 um 70.000 – auch durch die Flucht von Frauen und Kindern aus der Ukraine. Ein Umstand, der bei der Interpretation von Zeitreihendaten im Hinterkopf behalten werden sollte, wie es in dem Report heißt.

Warum alleinerziehende Väter finanziell besser dastehen

Das gilt vor allem für die Frage, wie viele Alleinerziehenden-Familien von Bürgergeld abhängig sind. Ohne aus der Ukraine geflüchtete Mütter wäre ihr Anteil vermutlich niedriger. Derzeit berichten 21,8 Prozent der Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, dass sie ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch staatliche Leistungen wie Arbeitslosen- oder Bürgergeld bestreiten – 24,4 Prozent der Mütter und 9,6 Prozent der Väter.

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66 Prozent aller Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren geben die eigene Erwerbstätigkeit als Haupteinkommensquelle für den eigenen Lebensunterhalt an. Mehr Väter als Mütter (82 zu 62 Prozent) bestreiten dabei ihren Lebensunterhalt überwiegend aus beruflicher Tätigkeit. Diese Männer lebten allerdings häufiger mit weniger und mit älteren Kindern unter einem Dach, sodass eine umfangreiche Erwerbstätigkeit eher machbar sei als bei Müttern, heißt es in dem Report.

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Deren Erwerbstätigenquote war zuletzt leicht zurückgegangen – 2023 waren von den alleinerziehenden Müttern 71,4 Prozent erwerbstätig, von den Müttern in Paarfamilien 77 Prozent. Was den Arbeitsumfang angeht, arbeiten alleinerziehende Mütter hingegen mehr als andere Mütter. 41,1 Prozent von ihnen sind in Vollzeit erwerbstätig, bei denen in Paarfamilien lediglich 33,1 Prozent.

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Bei den alleinerziehenden Vätern ist die Erwerbstätigenquote mit 87,1 Prozent niedriger als bei Vätern in Paarfamilien (93 Prozent), aber deutlich höher als bei den Müttern. „Das liegt in erster Linie daran, dass sie ihr Erwerbsleben nach der Geburt eines Kindes meist fortsetzen, während Mütter ihre Arbeitszeit häufig reduzieren oder für eine Zeit pausieren. Ihnen fällt es dann oft schwerer, wieder daran anzuknüpfen“, sagt Funcke. „Das zeigt, dass wir immer noch zu wenig über die gerechte Aufteilung von Care-Arbeit reden.“

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Die Folgen zeigen sich unmittelbar an der Einkommenssituation von Alleinerziehenden. Insgesamt haben sie deutlich weniger Einkommen zur Verfügung als Paarfamilien, die gemeinsam wirtschaften. So sind von den Ehepaaren mit minderjährigen Kindern 53 Prozent in der höchsten Einkommenskategorie (4500 Euro monatliches Nettoeinkommen oder mehr) verortet, von den Alleinerziehenden nur elf Prozent.

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Die finanzielle Situation von alleinerziehenden Vätern ist allerdings deutlich komfortabler als die von Solo-Müttern: Ein knappes Viertel der alleinerziehenden Väter befindet sich in der höchsten Einkommenskategorie, aber nur acht Prozent der Mütter. Das umgekehrte Bild zeigt sich am unteren Ende der Einkommensskala: Während 28,6 Prozent der Mütter mit weniger als 1500 Euro auskommen müssen, sind es bei den Vätern nur 5,6 Prozent. Nach wie vor seien Alleinerziehende daher die am häufigsten von Armut betroffene Familienform, heißt es in dem Report.

Die Bertelsmann-Stiftung folgert aus den Zahlen, dass Betreuungsarbeit für Kinder gerechter zwischen Elternteilen verteilt werden sollte. Die Folgen der aktuell nach wie vor von den meisten Eltern gelebten familiären Arbeitsteilung trügen insbesondere nach einer Trennung überwiegend die Mütter: „Sie sind als Alleinerziehende verstärkt von Armut betroffen, haben geringere Lebenserwerbseinkommen, und ihnen droht Altersarmut.“

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Author: Delena Feil

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